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Förderpreis junge bildende Kunst 2016
Ausstellung der Wettbewerbsarbeiten
26.01.2017 bis 23.02.2017

Information zur Ausstellung

Am Wettbewerb um den Förderpreis junge bildende Kunst des KunstVereins Ahlen, der dank der großzügigen Förderung der Sparkasse Münsterland Ost auch für 2016 ausgeschrieben werden konnte,  haben sich über 100 junge Künstler mit ihren Arbeiten beteiligt. Die bislang größte der Wettbewerbsausstellung seit der ersten in 2010.

Wie gewohnt belegten die eingereichten Arbeiten ein breites Spektrum künstlerischen Schaffens, Zeichnungen, Gemälde, Installation und  Plastiken von erstaunlicher Originalität. Die Qualität der Arbeiten zeigte ein erfreuliches überdurchschnittliches Niveau. Die teilnehmenden jungen Künstler stellten sich mit ihren Arbeiten dem kritischen Urteil der Jury und der Öffentlichkeit zu recht selbstbewusst.

Wie in jedem Jahr, wurde das Titelbild der Ausstellung von einem Preisträger des Vorjahres geschaffen. Diesmal von Tira Schmidt, die mit "Stufen der Selbstverwirklung" an ihre bepreiste Arbeit aus 2015 erinnert.

Die Wettbewerbsjury, die in diesem Jahr aus Silva Fassel  (freischaffende Künstlerin und Geschäftsführerin des Kreiskunstvereins Beckum-Warendorf), Patrick Bochers (freischaffender Künstler und künstlerischer Mitarbeit der TU Dortmund) und Ruppe Koselleck (freischaffender Künstler und Lehrbeauftragter für experimentelle Vermittlung an der Universität Osnabrück) bestand.

Cigdem Erbogan

Der erste Preis wurde Cidgem Erbogan für ihre Arbeit "Ich-Heute" zuerkannt.

Begründung:

Entlang eines langen Fadens, der sich über eine genagelte Spur auf schwarzer  bemalter Holzplatte aufspannt, entwickelt Cigdem Erboga eine ebenso präzise wie kompositorisch hochwertige Zeichnung, die weiß über dem schwarzen Grund dem Betrachter kontrastreich entgegentritt. Folgt man dem Titel "Ich - Heute" und den indizierten Ikons, die auf der Platte konstruiert werden, wird eine Welt sichtbar, die sich zwischen der Kaaba aus Mekka, den Umrissen Syriens sowie der aufgefalteten Hand unserer Kanzlerin Angela Merkel rund um das Gesicht des mittig gesetzten Ichs konstruiert. Über dem Kopf des "Ich - Heute" treten dem Rezipienten das Facebook F ebenso wie ein Play Pfeil entgegen und verbinden sich via dem weißen Faden mit dem zentralen Gesicht.
Kleine verschleierte Frauen sowie aufgereihte Miniaturfadenmenschen konkurrieren um die Aufmerksamkeit mit einem männlichen Gesicht rechts oben, aus dessem Mund der weiße Faden eine autoritäre Gewalt in das Bildgeschehen hineinträgt.

In der ausgezeichneten Arbeiten verbinden sich digitale und analoge, kryptische und kritische, biografische und historische Elemente in Linien zu einer spannungsgeladenen Reflektion, die dem Titel des "Ich -Heute" mehr als gerecht wird. Trotz teilweise eindeutiger Bild und Zeicheninformationen sowie ikonischer Simplizität bleibt die gekonnte Raumzeichnung immer ein Kunstwerk mit nicht restlos klärbaren Gehalt - ein Kunstwerk, das Fragen an Biographie und künstlerische Komposition zugleich stellt.

Nele Ziemer

Ein zweiter Preis wurde Nele Ziemer für ihre Arbeit "Mann und Frau" zuerkannt.

Begründung:

Nele Ziemers malerische Zeichnung zeigt ein großformatiges "Mannriesenbaby" in extremer Aufsichtsperspektive. Es gelingt Ziemer mit einem ebenso leichten wie freien und dennoch präzisen Strich eine perspektivische Verzerrung festzuhalten, dessen Ausdruck unkonstruiert und selbstverständlich wirkt. Ihre drastisch gelbtonale Farbenwahl wird kontrastreich zum adäquaten Rot des roten Weins und des spitzen Brustpaares inszeniert. Ein taumelndes nacktes Fußpaar neben dem Kopf des Mannes mit kleinstem Zipfel (im Bilde ganz unten) verweist auf eine trunkene Szene zwischen Trance und Tanz.

Dabei - und darin liegt die hohe Qualität ihrer Arbeit - wirkt ihr Kunstwerk zu keinem Zeitpunkt plakativ und herbeigezogen - ihre Strichführung befreit den Betrachtenden von einem moralisierenden Urteil und bleibt dem Ausdruck verpflichtet, der die sklavische Wiedergabe des Sichtbaren freimütig und expressiv überwindet. Ihre Ölzeichnung wirkt dabei weder kontrolliert noch bemüht rotzig und so öffnet sie einen bildhaften und vergnüglichen Zugang zu einem freien Rauschen der Wirklichkeit eines Lebens, in dem sich baumelnde nackte Füße neben dem "Riesenmannbaby" mit postinfantilen Strichen gesellen können, dürfen und auch sollen.

Ayyüce Cekic

Ein zweiter Preis wurde Ayyüce Cekic für ihre Arbeit "Das Leben ist kein Spiel" zuerkannt.

Begründung:

"Das Leben ist kein Spiel" ist ein siebenminütiges Video, welches sich an der partizipativen Wirklichkeit spielbarer Lebensentwürfe einer handelsüblichen Playstation orientiert.

Anders als die digitalen Vorbilder, welche in hochauflösender wirklichkeitsimitierender Bilderfolge eine postreale virtuelle Welt konstruieren, entwickelt Ayyüce Cecic mit ihrem Video ein Pseudo-videospiel, welches sich entlang finsterer Alternativen einigen Zielen nähert.

Technisch ist der gutkonstruierte Witz ihrer Arbeit ein analoges handschriftliches Verfahren am Tricktisch. Hier werden Zettel nebeneinander arrangiert, die mögliche Zukunftsperspektiven nebeneinanderstellen. So werden berufliche Perspektiven wie Bundeswehr, Jura oder Lehramt nebeneinandergestellt und die uns vertraute Computer-Maus klickt sich einen vorgegebenen und nur pseudopartizipativen Weg durch das Universum der Möglichkeiten. Ihr Videofilm gibt dabei einen überraschenden Weg vor - der Betrachter kann nur zuschauen und nie selbst teilnehmen oder interagieren und wird so zum Beobachter teilweise verheerender Entscheidungen.

Das Leben ist kein Spiel - aber ein herausragendes Kunstwerk von Cecic, die der digitalen Gameshow eine reflektierte analoge und mehr als sehenswerte ZETTELWIRTSCHAFT gegenüberstellt.

Lobende Anerkennungen wurden von der Jury zuerkannt, an

  • Joline Diekneite für ihr Zeichenbuch
  • Emily Recker für ihre Arbeit "Schattendasein"
  • Niklas Radke für seine Arbeit "Niklas und seine Tierwelt"